Dienstag, 15. März 2011

Lektion 10: Moral

Nachdem ich einem etwas längeren Urlaub genommen hatte und schon längst anfangen wollte zu bloggen, haben sich in den letzten Wochen die Ereignisse überschlagen. Zu meinem persönlichen Ärgernissen kann ich nicht viel schreiben, aber die Probleme meines Hauptkunden mit deren Tochtergesellschaften forderten viel Aufmerksamkeit und gerade als ich an Freizeit dachte began die Libyen-Krise.

Was gibt es Größeres für einen Trader als Krisen, Katastrophen und das Unglück anderer? Nichts! Diese Krisen machen uns reich. Wer als Daytrader seit dem Erdbeben in Japan (verg. Freitag) nicht jede Nacht mit nur 3-4 Stunden Schlaf auskam, verpasste seine Chancen enorme Gewinne einzustreichen. So ist es zum Beispiel unvermeidbar gewesen, dass der Nikkei um ca. 10% fällt und wer sich Freitag mit 100+ Kontrakten positioniert hat, hat in zwei Handelstagen ein Vermögen gemacht. Es ist egal was man handelt; es gibt kaum einen japanischen Wert der dieser Katastrophe standhält. Gleiches gilt für Unternehmen, die Libyen zu ihren Hauptkunden zählen.
Dieser Markt bietet Chancen für alle Trader - es ist nur wichtig, die richtigen Märkte herauszufiltern. Ich möchte hier nicht weiter in direkte Empfehlungen gehen, aber Indizes, Öko-/Versorger-Werte und technisch schwache Werte in Seitwärtsphasen sind sind vermutlich interessant - naturgemäß intraday-volatile Märkte sind zu vermeiden, da sich ihre Volatilität verstärkt und die eng gesetzten Stops sowohl im kurzfristigen als auch im langfristigen Trading vernichtet werden. Mindestens genauso wichtig ist aber auch aufmerksam zu verfolgen, wann die Märkte wieder drehen und der Aufschwung wieder einsetzt.

Aber wie ist das mit der Moral? Ist das überhaupt vertretbar? Wer darüber nachdenkt und im Handeln zögert hat keine Chance ein guter Trader zu werden - ein guter Trader erkennt seine Chance und denkt bei einem Trade nicht daran, was dieser anderen bedeuten könnte. Genauso wie wir uns am Leid anderer bereichern, muss man aber auch immer wieder erwähnen, dass wir die Katastrophen nicht herbeisehnen oder gar schüren; nein, wir Trader reiten nur die Welle. Man sollte an dieser Stelle die Diskussion mit jedem abbrechen, der dies anders sieht; denn Moral hat im einer wirtschaftlich orientierten Gesellschaft leider keinen großen Stellenwert und wenn ich am Trading-PC sitze gilt nur: Fressen oder gefressen werden. Wohlgemerkt sehe ich an dieser Stelle dennoch ein Unterschied zu anderen Wirtschaftszweigen wie z.B. der Rüstungsindustrie - ich sehe keine direkten, negativen Folgen meines Handelns für das "kleine" Volk - das ist sicher diskussionswürdig - aber nicht im Rahmen dieses Blogs.

Aber sind wir Trader deshalb auch unmoralische Menschen? Nein, nach dem Job schaue ich auf mein Einkommen - und wenn es groß ist, gebe ich etwas ab: Ich spende oder unterstütze soziale Einrichtungen; im Falle Japans ist mein Spende vermutlich (gemessen am Monatsgehalt) prozentual größer als die der meisten anderen Spender. Ich bin ein sehr moralischer Mensch - aber erst wenn ich das Büro verlasse.
Jeder, der also Trader in ihrem Handeln kritisiert, sollte sich vorher fragen, wie sozialengagiert er selber ist - was leistet man selbst für den Weltfrieden und für die, vom persönlichen Standpunkt aus gesehen, sozial schwächere Masse?


Hier ist die Performance-Historie inklusive einer Übersicht über die Twitter-Signale: Übersicht Anmerkung: Dies sind meine persönlichen Handels-Regeln; sie sind keine Empfehlung oder als Finanzberatung für Eurer Trading zu verstehen.